Erklärung der französischsprachigen Anarchistischen Föderation (Mitglied der Internationale der Anarchistischen Föderationen) vom 24.02.2022:
„Am Morgen des 24. Februar 2002 ist die Armee von Vladimir Putin von Belarus, Krim und Donbas aus in die Ukraine einmarschiert. Diese Invasion hat sicherlich Kiew als Ziel, das sehr nah an der belarussischen Grenze liegt. Mehrere Städte wurden von Raketen getroffen, darunter auch die Hauptstadt. Der ukrainische Präsident hingegen versprach: „Die Ukraine wird sich selbst verteidigen und gewinnen“.
Diese Situation war leider absehbar. Russland hat bereits seine imperialistischen Ansprüche gezeigt, besonders in Georgien 2008, im Mittleren Osten und jüngst in Afrika. In der Ukraine hatte Putin nach dem Maidan-Aufstand 2014 (welcher den pro-russischen Präsidenten Victor Janukowitsch verjagt hatte) die Krim annektiert und den pro-russischen Separatist*innen im östlich gelegenen Donbas geholfen (die selbsternannten „Volksrepubliken“ von Luhansk und Donetsk).
In einer im Fernsehen übertragenen „Ansprache an das Volk“ sagte Putin am 21. Februar während 190.000 kampfbereite Truppen an der Grenze stehen: „Wir nehmen ein Stück vom Donbas und wenn Ukraine die Welle macht (…) dann werden wir noch mehr nehmen“. All diese Soldat*innen an der russisch-ukrainischen Grenze und in Belarus sind nicht nur wegen des Donbas [Donezbecken] dort und seine Absicht ist es, die Ukraine teilweise oder ganz zu erobern, da er sie als eine Region des „Russischen Reiches“ ansieht.
Ukraine steckt in der Klemme: Einerseits sind ihre Rohstoffe begehrt um das Kreml-Regime zu stärken, welches von der Wirtschaftskrise geschwächt ist und dessen Autorität durch die Pandemie untergraben wurde. Andererseits versucht die NATO sie auf ihre Seite zu ziehen. In mehreren Regionen der Welt verstärken imperialistische Konkurrenzen die bewaffneten Konflikt, denen die Bevölkerung zum Opfer fällt.
Anarchist*innen haben immer gegen Nationalismus und Kapitalismus gekämpft, welche den Krieg „in sich tragen, wie Wolken den Sturm“. Und welche die Militarisierung und Autorität des Staates verstärken, während die neoliberale Globalisierung verkündet, dass sie Demokratie und Frieden bringe!
Dies scheint nun der Beginn von jahrelangen Kriegen und Spannungen zwischen den reichsten Ländern zu sein, die bisher davon verschont geblieben waren während die ihre Konflikte anderswo hin exportiert haben. Das Ziel ist die Kontrolle der natürlichen Ressourcen, die weniger werden, während gleichzeitig nostalgische Nationalgefühle an vergangene „Reiche“ geweckt werden.
Dies ist eine verklärte Version einer herbei phantasierten Vergangenheit, welche die Millionen unschuldiger Opfer verschweigt. Und die es ermöglicht, diese Kriege gegenüber ihrer Bevölkerung ideologisch zu rechtfertigen. Dass Militärhaushalte auf der ganzen Welt steigen, ist ebenfalls eine bezeichnende Tatsache.
Unser Kampf für den Aufbau einer Welt auf Grundlage von Solidarität, gegenseitiger Hilfe und Internationalismus
ist wichtiger denn je
Angesichts der Lage in der Ukraine schließen wir uns dem Aufruf der russischen Genoss*innen an, alle möglichen Aktionen durchzuführen, entsprechend der Mittel der einzelnen Individuen: „Kein Krieg zwischen Bevölkerungen! Kein Friede zwischen den Klassen“
(https://avtonom.org/en/news/against-annexations-and-imperial-aggression).
Wir rufen ebenfalls dazu auf, auf der ganzen Welt gegen Kapitalismus, Nationalismus und Imperialismus zu kämpfen, sowie gegen Armeen, die immer nur neue Kriege hervorbringen.
Wir sind solidarisch mit unseren Genoss*innen in der Region, die beschlossen haben zu fliehen oder in den ukrainischen Selbstverteidigungseinheiten zu kämpfen. Obwohl wir wissen, dass rechtsradikale Truppen mit faschistischer und nationalsozialistischer Ideologie (nur eine kleine Minderheit, zu Putins Missfallen), ebenfalls dort seit 2014 aktiv sind.
Wenn Putin seine Eiserne Faust um die Ukraine legt, dann würde das die Zerschlagung der heutigen anarchistischen Bewegung dort bedeuten, wie es in den letzten Jahren besonders in Osteuropa durchgesetzt wurde: in Zukunft drohen Folter, Inhaftierung und Hinrichtungen.
Es sind wie immer die Ärmsten und Prekärsten, die unter den Folgen des Krieges leiden werden, während die Reichen ihre Macht und ihre Gewinne stärken, vor allem im Rüstungsbereich. Obwohl wir Pazifist*innen und Gegner*innen jedes Staates sind, verstehen wir die Notwendigkeit eines Kampfes für das Überleben und gegen Unterdrückung.
Außerdem rufen wir zur massenhaften Fahnenflucht in allen militärischen Einrichtungen auf der ganzen Welt auf!
Wir sind Internationalist*innen und Pazifist*innen
– Solidarität ist unsere Waffe!
https://www.monde-libertaire.fr/?article=Communique_Stop_a_la_guerre_!
Übersetzung: Anarchistisches Forum Köln